Podcast Geschichte 10.04.2023

Wer wohnte im Mittelalter am Iselhof, Frau Reindl?

Ferienwohnung_Lienz_Osttirol

Monika Reindl hat Geschichte und Kunstgeschichte studiert. Sie ist Kulturvermittlerin und leitet derzeit das Bildungshaus in Lienz. Sie arbeitete im Ferdinandeum, im Schloss Bruck und im Museum Heinfels, wo sie für das neu gegründete Museum u. a.  die historischen Inhalte recherchierte.

Das Schloss Bruck ist in unmittelbarer Nähe zu den Ferienwohnungen am Iselhof in Lienz. Von hier sieht man auf die weiten Felder, den Iselhof mittendrin. Der Iselhof war im Mittelalter Eigentum der Görzer Grafen, die im Süden große Ländereien in Friaul und Istrien hatten und im Norden bis nach Lienz und Innichen reichten. Ihr Stammsitz war in Görz, ihre Residenz verlegten sie nach Schloss Bruck, das bis zuletzt Herrschaftssitz und Hauptwohnsitz blieb.

Der erste Bau am Iselhof fällt in die Zeit der Görzer Grafen, die Gewölbe sind in drei Ebenen im Wohnhaus der Familie Frey erhalten. Der Iselhof war der untere Maierhof, der gemeinsam mit dem oberen Maierhof am Fuße des Schlossbergs die Versorgung der Görzer Grafen sicher stellte. Der Iselhof wurde als Lehen an Virgil von Graben vergeben. Damit verbunden war die Pflicht, Abgaben zu leisten und für den Pfarrer von Lienz und Leisach zu sorgen. Es ist anzunehmen, dass Virgil von Graben den Iselhof nicht als Wohnort nutzte. Das herrschaftliche Gepräge des Wohnhauses ist erst im 19. Jahrhundert hinzugekommen.

Nach dem Aussterben der Görzer Grafen hatte der Iselhof unterschiedliche Besitzer. In den 1880er Jahren wurde er von Robert Graf Terlago erworben, der in Trient und in Wien lebte und gerne in Osttirol auf die Jagd ging. Er war k. u. k. Kämmerer und Mitglied des Herrenhauses in Wien, d. h. er war ein Vertreter des Adels am Wiener Hof. Den Iselhof baute er als sein Jagdhaus aus. Aus dieser Zeit stammt der Turm, die barockisierte Fassade und die Holzveranda. Auch im Haus ist viel erhalten geblieben. Für die unteren Räume ließ er aus Zirbenholz Vertäfelungen und dazugehörige Möbel bauen, die heute noch gerne verwendet werden. Das oberste Turmzimmer bekam eine Deckenbemalung und die Veranda ist in der historischen Sommerfrische Architektur  der Jahrhundertwende gearbeitet.

Im Gespräch mit Monika Reindl: Angela Frey

Tranksript Podcast

Angela Frey:
Herzlich willkommen beim Podcast vom Iselhof, den einzigartigen Ferienwohnungen in Lienz in Osttirol . Ich begrüße heute alle Menschen, die unseren Podcast hören zur Geschichte des Iselhofs und zur Regionalgeschichte von Lienz. Bei mir ist zu Gast heute meine Freundin Monika Reindl. Grüß dich Monika.

Monika Reindl:
Grüß dich, Angela.

AF:
Und ich freue mich sehr, dass du heute dir Zeit genommen hast. Du hast Geschichte und Kunstgeschichte studiert und verstehst dich als jemand, der die Geschichte angewandt praktiziert. Das heißt, du bist Kulturvermittlerin, hast sehr oft schon im Landesmuseum oder lange im Landesmuseum in Innsbruck gearbeitet und wir uns kennengelernt bei der Landesausstellung 2000, als du die lokale Ausstellungsleitung gehabt hast. Ich kann mich erinnern, ich bin da den Berg hinaufgegangen, mit dem Kinderwagen, mit den Kindern, damit sie deine, deinen guten Ausführungen lauschen können. Damit Sie, habe ich mir gedacht, damit sie da ein bisserl gebildet werden, in der Lokalgeschichte.

Ja und wir haben ja jetzt in Osttirol auch ein neues Museum, die Burg Heinfels.  Dort hast du die wissenschaftlichen Inhalte für die Ausstellung recherchiert. Du hast das Museum mit konzipiert und warst verantwortlich für die Museumspädagogik. Ja, und jetzt komme ich auch schon an den Isehof und das Schloss Bruck. Die beiden Bauten, die stehen sich ja auch sehr nahe. Blickkontakt habe ich immer, aufs Schloss Bruck von meiner Küche, habe ich einen super Blick auf das Schloss und wenn ich hinausgehen das große Feld vor mir habe, sehe ich hauptsächlich das Schloss Bruck und das eben im Grünen steht, auf dieser Bergnase am Hochstein. Der Iselhof war im Besitz des Schlosses und der Görzer Grafen. Der Iselhof ist auch zur gleichen Zeit gebaut worden, vor allem das Haus wo ich wohne. Das Bauernhaus daneben ist ungefähr 350 Jahre alt, ist etwas später gebaut worden. Ja und die  Erbauer waren eben auch die Görzer Grafen, die waren damals Landesherren. Heute sind sie wenig bekannt. Wer waren denn die Görzer Grafen? Was können sich denn da unsere Hörer und Hörerinnen vorstellen unter diesem Grafen?

MR:
Ja, ich finde es schade, dass die wenig bekannt sind, weil diese ein Stück weit Geschichte des Mittelalters ist, dass sich die Macht noch nicht so in ein Herrscherhaus bei uns die Habsburger verdichtet hat, sondern eben noch andere mächtige Herrscherhäuser mitwirken. Und eines davon sind eben diese spannenden Grafen von Görz. Die haben ihren Namen von der Stadt und Burg Görz, die heute im Friaul liegt und das war auch ursprünglich ihr Herrschaftsitz. Aber im 13. Jahrhundert haben sie beschlossen, wahrscheinlich auch mit Konflikten mit dem Patriarchen von Aquileia, aber auch vor allem Venedig, ihre Machtinteressen in den Norden zu verlegen und haben im 13. Jahrhundert in, wie du schon gesagt hast, diese schöne Schlosspark erbaut und haben das Schloss Bruck bei Lienz zu ihrem Herrschaftsmittelpunkt gewählt und haben, wenn sie nicht unterwegs war, dort oben gewohnt und residiert. Und in diesem Zuge dieser Erbauung ist auch dein Iselhof entstanden.

AF:
Und der Iselhof war ja dann bis, also der hatte dann eigentlich eine bewegte Geschichte, weil im 15. Jahrhundert sind die Görzer Grafen dann ausgestorben. Es war dann nach der Grundentlastung von 1848 erst möglich, dass man Güter erwirbt und da haben dann auch private Güter gekauft. Und so war es auch mit dem Iselhof. So wurde dann ein Bürgerlicher, hat dieses Haus gekauft und später dann ist es in meine Familie gekommen. 1880. Ja, und wie können wir uns jetzt das konkret vorstellen? Also wer war dann wirklich vor Ort von den Görzer Grafen? Im Mittelalter waren ja die Strukturen noch ganz andere wie heute.

MR:
Genau. Und die Görzer Grafen sind viel unterwegs, haben aber auch einen Hauptwohnsitz. Und natürlich brauchen sie auch Einnahmen und da wichtige Einnahmen ist zum Beispiel eine Maut, eine Straßenmaut, ein bisschen Bergwerk, aber eben auch Güter. Und so wird auch der Iselhof erbaut, weil da auch Felder dabei sind, weil Kühe dabei sind, Milchwirtschaft, weil da eben über landwirtschaftliche Produktion Geldmittel in die Landeskassa fließen. Das klingt jetzt so, als ob der Iselhof funktioniert hat wie jeder Bauernhof im heutigen Osttirol. Aber da gibt es noch einen wichtigen Unterschied. Der Iselhof ist von Anfang an mehr wie ein Bauernhof. Er ist ein Schloss Moor und ganz besonderer. Er wird eben nicht an Bauern vergeben, sondern an Hochadelige, also an Räte der Grafen von Görz, die in ihrem Dienst stehen, die sie beraten, die für sie in den Krieg ziehen, die gewisse Funktionen übernehmen, wie zum Beispiel den Zehent einzutreiben, aber dafür auch eine Gegenleistung wollen. Und eine besondere Figur ist da der Virgil von Graben im Sein Adeliger. Der bekommt den Iselhof nachweislich im 15.
Jahrhundert von der Görzer Gräfin als Lehen verliehen. Dafür muss er der Gräfin oder der Herrschaft zwei Dukaten in Gold abgeben und er muss zwei Pfarrer davon ernähren, unter Anführungszeichen, den Pfarrer von Lienz und dem Pfarrer von Leisach. und dafür stehen ihm die restlichen Einnahmen zu. Und er hat eben auch einen schönen, einen sehr schönen Wohnort, der da unten sich ja wunderbar in diesen Feldern, auf dieser flachen Ebene auch sehr herrschaftlich gibt. Und so ist es eben ein Gut, ein ganz besonderes Gut, ein Adelssitz, der zurück zu Lehen, also eine Leihe Vergeben wird.

AF:
Ja, das ist interessant. Und im 15. Jahrhundert sind sie ja dann ausgestorben. Die letzten waren ja Leonhart, der Graf Leonhart und die Paola Gonzaga. Es ist dann dazugekommen zu der Grundentlastung, das heißt es durften auch andere Menschen jetzt die Güter kaufen und dann hatte der Iselhof eine bewegte Geschichte, bis er dann von Privaten in die Hand von Privaten gekommen ist.

MR:
Das ist spannend, weil man oder man schaut so dein Haus an, man schaut die schönen Höfe von Osttirol an und es ist so selbstverständlich, dass die jetzt im Grund, also dass die im Eigentum und Grundbuch bei Privatpersonen liegen. Und es war grad im heutigen Österreich auch ein langer, langer Weg, dass man Besitz nicht nur als Leihe oder als Lehen bekommt, sondern tatsächlich der Besitzer ist, der damit tun und lassen kann, was er will. Im Grunde auch verwahrlosen kann. Also das ist ja auch ein Zeichen von Besitz, dass ich mich nicht darum kümmern muss. Aber in deinem Fall, da denke ich jetzt, dass du besser drüber weißt wie ich oder habe eine besonderer Mensch dann diesen Iselhof wirklich erworben. Ein Graf Terlago und ich war ja mal bei dir am Hof und hab da auch ein Bild von ihm gesehen. Und mir wäre es jetzt echt interessant, wenn du mir mehr erzählst, wer dieser Graf war und wie der ausschaut und was er mit dem Hof so angestellt hat.

AF:
Ja, für uns oder für meine Familie ist er natürlich insofern besonders, weil er das Gut gekauft hat. Und er war mein Ururgroßvater und insofern hat er natürlich das sehr geprägt für meine Familie, weil es seitdem in meiner Familie ist. Der Robert Graf Terlago, der war ja Kämmerer und Mitglied des Herrenhauses in Wien. Das kann man sich so vorstellen, das waren die Vertreter des Adels beim Kaiser. Er war aus Trient. Das heißt, es gibt heute noch ein sehr schönes Schloss, In Terlago, das heißt eigentlich drei Seen  Ter Lago, und es war ihm damals möglich, Güter zu kaufen und er wollte in Osttirol jagen gehen und hat sich dann dieses Haus, das ja damals überhaupt nicht herrschaftlich war, gekauft. Er hat es dann auch ein bisschen verändert. Das ist eigentlich das, was heute so ein bisschen ins Auge sticht. Wenn man zum Haus kommt, wo ich wohne, dann gibt es da so eine Veranda, die so um 1900 entstanden. Dann hat man auch die Fassade, die nach Süden geht, barockisiert.
Da gibt es ein paar Bauten in Lienz, im Lienzer Talboden, die diese Fassade zu der Zeit bekommen haben. Das ist ganz witzig, weil es ist aber so barocke, barockisierte Fassade, die man dann so um 1900 davor gebaut hat. Und ganz wichtig auch der Turm, was jetzt so ein bisschen so wie eine Villa oder wie so ein Herrenhaus jetzt wirkt ist eben der Turm, der auch nicht sehr alt ist, und das war eben immer das Haus. Er hat eben in dem Haus gewohnt in dieser Villa sage ich jetzt auch weil viele in Lienz sagen auch die Villa und er hat in diesem Haus gewohnt, und daneben war der Bauernhof, da hat er nichts gemacht. Das heißt, es ist eigentlich wirklich erst nicht umgebaut worden, und die Gewölbe im Bauernhaus sind jetzt so die, die so 350 Jahre alt sind, und das sind die ursprünglichen. Es ist eigentlich schön, dass da nicht eingegriffen wurde. Eingegriffen wurde in unserm Haus, das war ja davor, kann ich mir vorstellen, nicht so herrschaftlich, weil sonst hätte ja der Lago nicht da angebaut ist. Also er hat sich sehr für seine Bedürfnisse gerichtet, dass er ein repräsentatives Jagdhäuschen bekommt.

MR:

Darf ich da kurz nachhaken, weil jetzt hast du mir auch noch was richtiges gesagt und auch richtig gestellt oder? Wenn ich davor ausführ, dass es für dieses Adeligen Virgil von Graben eine Belehnung war, da muss erst etwas abgeben seinen Herren, den Görzer Grafen aber er konnte sicher auch einen großen Anteil davon behalten und ich habe zuerst gesagt, weil ja die Lage so schön ist am Feld, so einen herrschaftlichen Ansitz aber des stimmt, wenn ich dir jetzt zuhöre, der Virgil von Graben hat ja nicht da auf dem Iselhof gewohnt und das war letztendlich auch irgendein Bauer der dort gewohnt hat, der hat auf Schloss Lengberg oder auf Burg Stein, die sind ja auch hochadelig und so ein richtig schöner Ansitz wie du ihn jetzt beschreibst wird er erst unter den Herr Terlago, wo er dann wirklich auch Wohnort wird.

AF:

Ja, obwohl, dass weiß ich nicht ob der Virgil von Graben, wo der gewohnt hat.

MR:

Ich weiß, dass der auf Schloss Stein, da hab ich durch dich einmal eine Führung machen können. Da hat er ja die Kapelle ausmalen lassen und ich weiß von einem Reisetagebuch, also in Zuge einer Reise von Patriachat  von Aquileia aus, dass er auf Schloss Lengberg war. Da bin ich mir eigentlich, auch wenn man oft vieles nicht weiß, auch wie du das jetzt beschreibst, davor war es ein schönes Mittelalterliches Gebäude, also ein schöner Wohnort, mit einer Küche, die noch aus dem 15. Jahrhundert ist, mit Speis, aber ich würd jetzt nich unbedingt davon ausgehen, dass der da wirklich oft gewohnt hat.

AF:

Ja, das war ja auch diese Nähe zum Schloss, er wollte ja auch selbständig sein, kann ich mir vorstellen, dass er nicht unter dem Schloss wohnt sondern, der Bauer hat halt immer nebenan gewohnt, hat er wahrscheinlich die Verwalter gehabt, nicht?

MR:

Ja, wenn man sich so im Detail immer hinein versetzt würde ich jetzt auch so ein Bild malen von dieser Hausgeschichte. Benutzern uns Besitzern.

AF:

Ja, es war ja auch noch kleiner, wenn du denkst, ich habe ja so eine Tordurchfahrt und auf der einen Seite der Tordurchfahrt sind zwar jetzt Räume aber die sind ja erst im 17. Jahrhundert dazugekommen, da waren sicher vorher Stallungen. Das war ja dann nicht mehr so ein riesen Wohnraum.

MR:

Also wo er jetzt wirklich übernachtet hat, Virgil von Graben, wenn er da oben eine Besprechung gehabt hat. Ob er im Schloss übernachtet hat dürfen oder zurückgeritten ist, z.b. Schloss Lengberg oder ob der je einmal da unten eingekehrt ist, eigentlich genau wissen werden wir es nicht und ich würde nicht davon ausgehen.

AF:

Ja, glaub ich auch.

MR:

Ja, und jetzt ist so ein schönes Haus, der Turm steht immer noch und diese Veranda, ich hab da mit dir schon einmal frühstücken dürfe, es braucht natürlich auch sehr viel Pflege und so eine Holzkonstruktion zu erhalten.

AF:

Ja, das ist natürlich eine Aufgabe ein Haus zu erhalten und wir sind jetzt froh, dass wir das teilen dürfen mit unsren Gästen, die wir da Willkommen heißen.

Ich lade alle ein, alle Hörer und Hörerinnen, denen der Blog gut gefallen hat, dass Sie zu uns kommen, dass Sie sich den Iselhof anschauen, dass Sie auch bei uns nächtigen und gerne teile ich noch mehr Erfahrungen von früher oder Geschcihten von früher die ich noch so weiß mit meinen Gästen, find ich immer recht lustig. Und ich danke Monika, dass Sie sich da eingearbeitet hat in die Geschichte vom Iselhof und eingebetten hat in Ihr Wissen, dass Sie sich angeeignet hat bei Ihren interessanten Arbeiten am Schloss und auf der Burg Heinfels und ich danke dir vielmals Monika, dass du gekommen bist.

MR:

Ja, ich war sehr gerne hier. Ich danke dir.